Am 28. Oktober 1933 wurde Manfred Böttcher in Oberdorla bei Mühlhausen in Thüringen geboren. Nach dem Schulbesuch hatte er Unterricht bei dem Maler Hugo Figge. Sechzehnjährig begann der Künstler 1950 sein Studium an der Hochschule für Bildende Künste Dresden bei Wilhelm Lachnit und Heinz Lohmar. Aufgrund der Formalismusdiskussion mußte Lachnit 1954 sein Lehramt aufgeben – ein schwerer Schlag für Manfred Böttcher. 1955 bewarb er sich auf Anraten seines Studienkollegen Werner Stötzer an der Deutschen Akademie der Künste in Berlin und wurde Meisterschüler bei Heinrich Ehmsen. Anregende Freundschaften und Kontakte zu gleichaltrigen Künstlern entstanden, es waren, wie er selbst sagte, seine glücklichsten Jahre.
2001 verstarb er nach längerer schwerer Krankheit in Berlin. Manfred Böttcher hatte in seinem gesamten Künstlerleben einen großen Kreis von Anhängern und Bewunderern. Diese fühlten sich ihm nicht nur aus künstlerischem Interesse verbunden; besonders geschätzt wurden auch seine menschlichen Eigenschaften.
Das Werk Böttchers wurde jedoch nur sehr selten präsentiert. Dies lag vor allem am Meister selbst, dem das Malen ein Bedürfnis war, nicht das Zeigen seiner Arbeiten und schon gar nicht das Verkaufen. Dennoch konnte er überzeugt werden, einer Retrospektive 1992 in der Akademie der Künste zuzu-stimmen. Auch die erste Verkaufsausstellung nach der Wende, die im September 1993 in der von Ekkehard Hellwich gemeinsam mit Peter Röske geführten Galerie der Berliner Graphikpresse in der Brunnenstraße stattfand, konnte die vielen Besucher kaum fassen. Sie blieb bis heute eine der wenigen Einzelaustellungen Böttchers.
Wir freuen uns daher besonders, daß wir nun – nach etwa fünfzehn Jahren – wesentliche Arbeiten aus der Schaffenszeit des Künstlers zeigen können. Dabei wird erstmals auch ein Teil seiner Aquarelle und Zeichnungen zu sehen sein.
Bei der Betrachtung aller Arbeiten Manfred Böttchers ist erkennbar, daß die Herausbildung einer eigenen Malkultur die bildkünstlerischen Prinzipien von Paul Cezanne zum Vorbild nimmt. Der Duktus der Dresdner Schule, wie er bei Hans Jüchser, Joachim Heuer und Theodor Rosenhauer anzutreffen ist, hat ihn geprägt. Auch die Verfeinerung der Malstrukturen, wie sie von Otto Niemeyer-Holstein entwickelt wurden, war für ihn wichtig. Von seinen verehrten Lehrern Wilhelm Lachnit und Heinrich Ehmsen sind keine formalen Einflüsse auf sein Werk zu spüren. Dies zeugt nicht zuletzt von der Qualität dieser Meister, mit denen ihn eine fruchtbare und anregende Freundschaft verband.
Die frühe Phase von Böttchers Malerei kann als Gegenentwurf zu damals vorherrschender Agitationskunst gesehen werden. So konnte es nicht ausbleiben, daß es in den 50er und 60er Jahren Querelen mit kulturpolitischen Institutionen gab. Daraus folgten ungerechtfertigte Verrisse seiner Arbeiten, in einzelnen Fällen wurden seine Bilder aus Ausstellungen entfernt.
Die Kompromißlosigkeit des Künstlers war Voraussetzung dafür, daß er sich in seinem malerischen Werk verwirklichen konnte. Er erhielt 1984 den Kollwitzpreis der Akademie der Künste und bedeutende öffentliche Sammlungen erwarben wichtige Werke von ihm.
Ausgangspunkt für seine Malerei war stets das spontane Erlebnis. Das konnte ein alltägliches Ereignis sein: Plötzlicher Schneefall regte ihn spontan dazu an, die Straßenschlucht von seinem Atelier hoch über dem Frankfurter Tor im Bild festzuhalten. Auch das Erleben von Kunstwerken erbrachte Ideen für künstlerische Gestaltung. Beispielhaft hierfür ist das Gemälde „Die Operation“, das von der Thematik des Werkes Rembrandts „Die Anatomie des Dr. Tulp“ inspiriert ist.
Die malerische Umsetzung führt bei Manfred Böttcher zu einer mehr oder weniger weitgehenden Abstraktion. In den 90er Jahren hat dieser Prozeß bis zu einem fast völlig freien Spiel der Formen geführt. Wichtig bleiben die Farbklänge und Rhythmen seiner Malerei.
Die Kunstwissenschaftlerin Gudrun Schmidt bemerkt hierzu: „Es bleibt Böttchers Gestaltungsprinzip, aus der Farbe heraus zu formen und musikalisch zu komponieren, in dem Sinne, in dem Dieter Goltzsche dem bildenden Künstler musikalisches Vermögen anvertraut. Die bescheidenen Dinge des Lebens und ihr Ambiente der selbstverständlichen Einfachheit bleiben die Motive von Böttchers Malerei und wachsen bald darüber hinaus zu existentieller Bedeutung. Von daher begründet sich die Ausdruckskraft seiner Bilder, und bildkünslerische Reflektion erhebt sie über alltägliche Malerei.“
Der Künstler schwelgt in Farben und Formen, besonders die Farbklänge von Brauntönen in vielen Nuancen, kombiniert er mit grün, blau und rot. In den zahlreichen Bildern und Aquarellen, die er von Jahr zu Jahr einfühlsamer und in der Farbe sublimierter gestaltete, äußert sich ein exzellenter malerischer Duktus. Eine Malerei in höchster Vollkommenheit!